158 Ohne Kommission gibt es keinen König Sie haben die beste Sicht, bei Regen einen der trockensten und bei Sonnenschein einen der schattigsten Plätze, sind ganz dicht dran am Geschehen und verpassen nie den alles entscheidenden Schuss: Wer Mitglied der Schießkommission ist, der braucht sich nicht in die erste Reihe zu drängeln – er oder sie ist bereits da. Keiner kann besser beurteilen, wann der kritische Punkt erreicht ist und der klägliche Rest des Holzvogels aus dem Kugelfang zu stürzen droht – die Schieß- kommission hat ihn schließlich gebaut. Und wenn Engelbert Hagemeyer, Hartwig Neehus, Reinhard Erbe, Thomas Dopheide, Alfons Venherm, Andreas Jansen, Andreas Gedig, Martin Müller, Daniel Wagner, Josef Kottenstedte, Franz-Josef Jordan und dessen Tochter Mareike der Meinung sind, es sei eine schöpferische Pause vonnöten, dann gibt es daran kaum etwas zu rütteln. Wenn sie sich eine kurze Auszeit nehmen möchten, gewissermaßen den Regiestuhl unterhalb der Vogel- stange verlassen, dann geht nichts mehr. Kein Stück Blei verlässt mehr den Gewehrlauf, ehe die Verantwortungsträger ihr Einverständnis erklären, der Kampf um Königswürde und andere erstrebenswerte Titel sowie Auszeichnungen könne fort gesetzt werden. Die Schießkommission ist mehr als nur die Aufsicht führende Formation – sie ist das Zünglein an der Waage, auch wenn das in bescheidener Zurückhaltung selten Erwähnung findet. „Ohne uns gibt es keinen König“, bringt es Engelbert Hagemeyer, Vorsitzender der zwölfköpfigen Riege, auf den Punkt. Richtlinien werden stetig verschärft Ob auf die laufende Katze, den großen Vogel, den Hampelmann, auf Sterne oder andere Dinge angelegt wird – die Schieß- kommission hält die Fäden in der Hand. Die Aktiven tragen Sorge dafür, dass das Material gepflegt wird, der Aufbau stimmt und rund um die Vogelstange Sicherheit herrscht. Denn darauf ist man zu Recht stolz: Noch nie ist es zu einem Unfall gekommen, und nach Möglichkeit soll das auch so bleiben. Vor allem Behörden haben ein Auge darauf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Mehrfach sind in der jüngeren Vergangenheit die Richtlinien verschärft worden, was den Umgang mit Waffen angeht. Heute ist kaum vorstellbar, dass zu einer Zeit, zu der noch am Bürger schützen hof der König ermittelt wurde, das Gewehr einfach weitergereicht wurde. Eine Arretierung gab es nicht: Stattdessen nahmen die Aspiranten unter einem niedrigen Pavillondach Platz und legten frei Hand auf das hölzerne Federvieh an. Über das Ziel hinausgeschossen Heute schießt mancher auf andere Weise übers Ziel hinaus. Als beispielsweise 2013 die Richtlinien für die Errichtung, die Abnahme und das Betreiben von Schießständen überarbeitet worden war, ging ein entsetztes Raunen durch die Vereine. Fast 120 Seiten war die Veröffentlichung im Bundesanzeiger stark: einst stolze Adler zusammengeschrumpft auf die Größe eines Kükens, dazu ein Kugelfang aus Metall und viele andere Neuerungen – der Protest war vorprogrammiert. Die Novellierung diene nicht der Sicherheit, monierten Verbände, sondern sei vielmehr dazu geeignet, das Brauchtum zu zerstören. Es dauerte nur wenige Tage, da rückten die Verantwortlichen von ihren allzu strengen Vorgaben wieder ab. Gleichwohl ist jeder noch so kleine Erlass ein Grund für die Schießkommission des Warendorfer Bürger schützen vereins, ihr Material und die Art der Organisation auf Belastbarkeit zu überprüfen. Kaum etwas wäre unangenehmer, würde die Anlage